Page 21 - Operation Opernball
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Traditioneller Verlag oder Autorenverlag?
Traditioneller Verlag oder Autorenverlag?
Die Entscheidung ist getroffen: Wir schreiben ein Medizinlehrbuch
und veröffentlichen den Text in einem Buch und im Internet. Wie
aber gehen wir dieses Projekt konkret an? Haben wir die verlegerische
Kompetenz, es zum Erfolg zu führen? Wie organisieren wir es? Kön-
nen wir es finanziell managen?
Beginnen wir mit einer Bestandsaufnahme. Mediziner haben in den
letzten Jahren gesehen, wie erstaunlich autark sie in der Verbreitung
von Informationen geworden sind. Wir alle sind, ob wir es wollten
oder nicht, Meister der Textverarbeitung geworden. Erinnern Sie sich:
Welcher Arzt wußte vor 20 Jahren, wie die Buchstaben auf einer
Schreibmaschinentastatur verteilt sind? Damals hatten wir Sekretärin-
nen, und wer wie ein Frankfurter Professor Zehnfingersystem schrieb,
hat dies verschwiegen und es seiner Assistentin erst nach Eintritt in
den Ruhestand verraten.
Besser noch: Wir sind nicht nur Meister der Textverarbeitung, sondern
auch geübte Layouter geworden. Wer wissenschaftliche Artikel in
Medizinzeitschriften veröffentlicht, hat gelernt, daß er seine Texte
nach strengen Regeln „formatieren“ muß. Die Arbeit bei den Medi-
zinverlagen soll ja auf ein Minimum reduziert werden.
Und schließlich: Per Mausklick machen wir aus einem Text heute in
Sekunden ein PDF-Dokument und stellen es – wieder per Mausklick
und wiederum in wenigen Sekunden – auf eine Internetseite.
Welcher Raum bleibt Medizinverlagen in diesem Kontext? Vor 20
Jahren wurde ein Text in den Verlagen
1. getippt
2. Korrektur gelesen
3. gesetzt
4. gedruckt
5. vertrieben
Und heute, Anno Domini 2005? Wir tippen, unsere Textverarbei-
tungssoftware setzt, PDF druckt und Internet vertreibt die Onlinever-
sion. Fazit: Wenn nur noch das Korrekturlesen bei den Verlagen
bleibt, warum übernehmen wir nicht gleich den Produktionsprozeß?
Es bliebe nur noch das Vertriebsproblem, ein – wie wir weiter unten
sehen werden – lösbares Problem für Medizinlehrbücher, die zu 90%
in zwei Dutzend Fachbuchhandlungen verkauft werden. Präzisieren
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